Idealisierte Leitprofile

Je nach hydrogenetischem Moortyp speichert ein Moor unterschiedlich hohe Anteile an Kohlenstoff (Zauft et al. 2010). Ebenso wird die Kohlenstofffreisetzung neben vielen anderen Faktoren durch den jeweiligen hydrogenetischen Moortyp (HGMT) mit seiner charakteristischen Zusammensetzung von Bodenhorizonten und den Anteilen an mehr oder weniger gut mineralisierbarer organischer Substanz beeinflusst.

Aus bodenkundlicher Sicht lässt sich die Substratqualität eines Moorbodenhorizontes durch zwei Merkmale beschreiben, der Qualität des Ausgangssubstrats und dessen pedogenetischer Veränderung (Succow & Joosten 2001). Diese zwei Merkmale kann man durch die Kombination von substratsystematischen und bodensystematischen Kriterien in Form von Horizont-Substrat-Kombinationen (HSK) beschreiben (Bauriegel 2004). Dabei wird einerseits die Torfart eines Horizontes beschrieben (z.B. Schilftorf, Seggentorf etc.), andererseits der aktuelle Status der Bodenentwicklung (z.B. ganzjährig wassergesättigt, schwach entwässert, stark entwässert und vererdet etc.) Zusammen mit dem aktuellen Zersetzungsgrad (nach v. Post 1924), ist eine genaue Charakterisierung mit relativ einfachen Mitteln möglich. Diese Charakterisierung wurde in den bisherigen, die Mineralisierbarkeit und die C-Freisetzung betreffenden, Untersuchungen nicht oder nur unvollständig berücksichtigt.

Für die vier in Deutschland flächenmäßig bedeutsamsten hydrogenetischen Moortypen Versumpfungs-, Verlandungs-, Durchströmungs-, und Regenmoore wurden sog. idealisierte Leitprofile identifiziert (Zeitz et al. 2005, sowie eigene Recherchen). Diese Leitprofile besitzen typische Mächtigkeiten und Horizontabfolgen (ausgedrückt durch Horizont-Substrat-Kombinationen, welche für die Berechnung der Kohlenstoffspeicherleistung und die Abschätzung der potentiellen Kohlenstofffreisetzung im CARBSTOR-Verfahren herangezogen werden.


Ausweisung verschiedener idealisierter Leitprofile

Mithilfe früherer Arbeiten zur Moorklassifikation (Eggelsmann 1967, Zeitz et al. 2005) durch eigene Auswertungen vorhandener Profile und durch Befragungen von Experten mit umfangreicher und ausgewiesener Gelände- und Kartiererfahrung, wurden für die drei wichtigsten hydrogenetischen Niedermoortypen (Durchströmungs-, Verlandungs- und Versumpfungsmoor) und für drei unterschiedliche Hochmoortypen (Marschen-Hochmoor, Hochmoore im Geestbereich und Hochmoore im süddeutschen Raum) idealisierte Leitprofile ausgewiesen. Diese Profile unterscheiden sich durch unterschiedliche Torfmächtigkeiten, Horizont-Substrat-Kombinationen und Zersetzungsgrade (nach von Post 1924) voneinander und weisen damit unterschiedliche C-Speichermengen und C-Freisetzungspotentiale auf.

Zu beachten ist, dass es sich hierbei um idealisierte Leitprofile handelt, die in dieser Form nicht unbedingt im Gelände anzutreffen sind. Sie spiegeln aber den von uns ermittelten Durchschnitt der Profilaufbauten für die jeweiligen Moortypen wieder. Damit ist es möglich, ohne genaue Kenntnisse der jeweiligen Stratigraphie detailliertere Angaben zur jeweiligen C-Speicherung und C-Freisetzung zu erhalten. Liegen gebietsspezifische Informationen zur Stratigraphie vor, können die Angaben zur C-Speicherung und C-Freisetzung mithilfe eigens erstellter Leitprofile (Baukasten) evtl. verbessert werden.

Diese idealisierten Leitprofile (ohne Mudden) sind nachfolgend dargestellt:

Hochmoore Norddeutschlands

  • Marschen-Hochmoor - nicht wurzelecht  

  • (Leitprofil nach Eggelsmann (1967) und Geländeerfahrung Dr. Caspers*)

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1 hHv Ha 9-10
     2
     3      
     4      
     5 hHr Hhs 2-4
     6      
     7      
     8    
     9      
    10      
    11 hHr Hhs 7-10
    ...      
    ...      
    22      
    23      
    24      
    25      
    26 nHr Hnr 4-6
    ...      
    ...      
    32      
  • * Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie
  • Geest-Hochmoor - wurzelecht auf Podsol

  • (Leitprofil nach Eggelsmann (1967) und Geländeerfahrung Dr. Caspers*)

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1 hHv Ha 9-10
     2
     3      
     4      
     5 hHr Hhs 2-4
     6      
     7      
     8      
     9      
    10      
    11 hHr Hhs 7-10
    ...      
    ...      
    22      
  • * Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie

  • Hochmoor Süddeutschlands

  • (Eigene Auswertung von 138 Bohrprofilen aus dem Moorarchiv Bayern, Dr. Kuhn*)

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1 hHv Ha 9-10
     2
     3      
     4      
     5      
     6      
     7      
     8 hHr Hhs 3-5
     9      
    10      
    ...      
    ...      
    21      
    22      
    23      
    ... nHr Hnr 4-6
    ...      
    33      
  • * Institut für Agrarökologie, Ökologischen Landbau und Bodenschutz der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising

 

Niedermoore

(Leitprofile aus Zeitz et al. 2005)

  • Durchströmungsmoor *

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1 nHv Ha 9-10
     2
     3 nHa Hnr 7-8
     4 nHt Hnr 5-6
     5
     6
     7
     8 nHt Hnr 3-4
     9
    10      
    11      
    12      
    13      
    14      
    15      
    16 nHr Hnr 3-4
    17      
    18      
    19      
    20      
    ...      
    ...      
    40      
  • * gemittelte Tiefe nach Succow & Joosten (2001)
    [4-8 m] und Zeitz et al. (2005) [3-4 m]
  • Versumpfungsmoor

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1      
     2 nHm Ha 9-10
     3      
     4      
     5 nHa Ha (9-10)
     6      
     7      
     8 nHt Hnr 5-6
     9      
  • Verlandungsmoor

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG
     1 nHv Ha 9-10
     2      
     3 nHa Ha (Hnr) 7-8
     4      
     5      
     6      
     7 nHt Hnr 3-8
     8      
     9      
    10      

 

Die Bestimmung der C-Speichermenge der idealisierten Leitprofile erfolgte durch Ermittlung der Corg-Gehalte und Trockenrohdichten der einzelnen HSK. Dies geschah durch eigene Probenahme und Laboranalytik sowie durch ergänzende Corg-Daten und Daten zu Trockenrohdichten aus anderen laufenden Forschungsarbeiten am FG Bodenkunde.

Die Bestimmung der potentiellen C-Freisetzung erfolgte durch Ermittlung der jeweiligen Gehalte an heißwasserextrahierbarem Kohlenstoff (Chwe) und der jeweiligen Trockenrohdichten der einzelnen HSK. Diese Fraktion stellt den potentiell umsetzbaren Anteil der organischen Bodensubstanz dar.

Mit Hilfe dieser für jede HSK ermittelten Werte können nun die gesamten C-Speichermengen und C-Freisetzungspotentiale der einzelnen HGMT berechnet werden. Diese werden anhand idealisierter Leitprofile innerhalb des CARBSTOR-Verfahrens zur Verfügung gestellt.

Durch eine Verknüpfung dieser Werte mit der konkreten Flächengröße des jeweiligen Moores, sind gebietsspezifische Aussagen zur aktuellen C- Speicherung, zum potentiellen C-Verlust sowie zur Klimawirksamkeit möglich.

Berechnungsbeispiel:

Aufgrund des Klassifikationsverfahrens wurde eine Moorfläche als Versumpfungsmoor eingestuft.
Das idealisierte Leitprofil eines Versumpfungsmoores setzt sich wie folgt zusammen:

  • Tiefe [dm] Horizont Substrat ZG Speicherung
    Corg
    [t/ha] pro Dezimeter
    Durchschnittliche
    Speichermenge
    [t/ha] pro Schicht
    Freisetzung
    Chwe
    [t/ha] pro Dezimeter
    Durchschnittliche
    pot. Freisetzung
    [t/ha] pro Schicht
     1              
     2 nHm Ha 9-10 136 4081) 13   392)
     3              
     4              
     5 nHa Ha (9-10) 108 3241)  7   212)
     6              
     7              
     8 nHt Hnr 5-6 70 2101)  3    92)
     9              

1) = Corg [t/ha * dm] * Tiefe, 2) = Chwe [t/ha * dm] * Tiefe

 
  •       Gesamtes Profil:   942         69  
 

Die Flächengröße des Moores wird vom Benutzer mit 20 ha angegeben.

  • In der Moorfläche sind etwa 18.840 t (hier 942 t/ ha * 20 ha) organischen Kohlenstoffs gespeichert.

  • 1.380 t (hier 69 t/ha * 20ha) organischer Kohlenstoff sind auf der Fläche potentiell leichter umsetzbar und können durch falsche Nutzung kurz- und mittelfristig freigesetzt werden.

  • Würde der gesamte potentiell umsetzbare, organische Kohlenstoff in Form von CO2 in die Atmosphäre entweichen, entspräche das etwa 5.060 t CO2 (errechnet aus der durchschnittlichen molaren Masse von CO2 = 44 g/mol).

 

Literatur